Meine beiden letzten Bogenbaukurse haben mir mal wieder vor Augen geführt, dass Geduld eine der wesentlichen Voraussetzungen fürs Bogenbauen ist. Ohne Geduld geht der Versuch, einen funktionsfähigen Bogen zu bauen, fast immer schief. Nicht dass die Teilnehmer ungeduldig gewesen wären. Mancher wollte schnell zum Ziel kommen, andere ließen es ruhig angehen.
Natürlich muss ich auch mein Werkzeug richtig beherrschen. Muss beurteilen können, wo noch Holz weg muss, weil die eine oder andere Stelle noch zu steif ist. Aber auch hier ist Geduld eine Grundvoraussetzung. Mancher Anfänger raspelt sich, im Bestreben, sein Ziel möglichst schnell zu erreichen, buchstäblich ins Koma. In meinen Kursen behalte ich das im Auge, unterbreche rechtzeitig, bevor nur noch ein Zahnstocher übrig ist.
Auch hat nicht jeder gelernt, Raspel oder Feile gleichmäßig und waagrecht üpber das Holz zu führen. Wiegende Bewegungen und wechselnder Druck führen schnell zu ungewollten Vertiefungen und Schwachstellen. Metallbauer sind hier im Vorteil, das habe ich schon mehrfach erlebt. Die haben in der Ausbildung das Herstellen einer ebenen Fläche mit der Feile bis zum Erbrechen geübt. Geduld ist auch hier ein Vorteil. Geduld, zuerst den Umgang mit dem Werkzeug zu beherrschen, bevor man dem Holz ernsthaft zu Leibe rückt.
Geduld und Gelassenheit sind erst recht beim Tillern angesagt. Die Geduld, nicht gleich beim ersten Blick zu entscheiden: "Oh, hier ist der Wurfarm noch steif, hier muß noch was weg." Lieber nochmal hinschauen. Vielleicht weist das Holz hier einen leichten Reflex auf, hat evtl. eine Verhärtung oder eine Verwachsung, die eine differenzierte Behandlung erfordert.
Die Gelassenheit, dem entstehenden Bogen Zeit zu lassen, sich zu setzen, nachdem man Holz weggeschabt hat. Zeit, sich an die veränderte Spannungsverteilung im Holz zu gewöhnen. 20-30mal an der Tillerwand "pumpen", bevor man den Tiller beurteilt.
Den Bogen "ruhen" lassen.
Und wenn man dann fast am Ziel ist und unbedingt noch fertig werden will: Lieber ein Bier holen und sich ruhig irgendwo hin setzen, die Hände ruhig halten. Oft genug sind Bögen noch in dieser Phase kurz vor dem Finish gescheitert. An der Ungeduld.
Auch mir.
Es ist Frühling, die Holzernte für dieses Jahr ist abgeschlossen und die Staves grösstenteils gespalten, entrindet und versiegelt.
Diesmal war es hauptsächlich Esche, was ich vom Förster bekommen habe, das wird sicher wieder eine Weile reichen.
Ahorn war leider garnichts zu bekommen, da hab ich nicht mehr so viel auf Lager.
Ein bisschen heimische Traubenkirsche konnte ich auch noch ernten.
Und eigentlich sollte ich noch in Deutschland gewachsenes Hickory bekommen. Da stand eine Durchforstung des Bestandes an. Leider war aber nichts bgentaugliches dabei. Da heisst es warten bis zum kommenden Jahr.
Gottseidank hab ich noch genügend Hickorybohlen aus meiner Lieferung aus den USA.
Für dieses Jahr sollte es noch reichen, um alle Kunden zufrieden zu stellen.
Mit der Sonne (so ab 15° C) fangen aber auch die verdammten kleinen Plagegeister, auch Holzwurm genannt, an auszuschwärmen.
Spätestens dann sollte die Rinde von den Staves runter sein. Zur Sicherheit sprühe ich meine Staves noch mit Borax ein, das schmeckt den Biestern gar nicht, deshalb lassen sie das Holz dann auch in Ruhe.
Und offensichtlich orientieren sich die kleinen Quälgeister am Licht. Ich hatte wohl noch ein paar alte befallene Staves in der Scheune. Deren Bewohner kamen dann alle brav nach draussen geflogen, ignorierten die Eschestaves unter dem Vordach im Dunkeln völlig und liessen sich brav auf den Eichenbalken meines Balkons in der Sonne nieder. Dort waren sie dann leichte Beute, für mich und die heimische Vogelwelt ;-)
Für dieses Jahr sollte der Spuk vorbei sein, mal schauen, wie viele überlebt haben und nächstes Jahr wiederkommen.
Fragen zum Holz? Alter Hase oder das erste Mal einen eigenen Bogen?
Wilfried Reichenbach | Georg-Löwelstrasse 15 | Worms | 67549
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